Warum ihr mich nicht mehr bei Instagram findet

Die Kurzversion: Ich kündige meine Kräuterwanderungen, Workshops und alle anderen News rund um Fleurban nicht länger über Instagram, sondern stattdessen auf meiner Homepage und über den Newsletter an. Für diejenigen, die die Gründe für meinen Abschied von Instagram interessiert, kommt hier die Langversion.

Seit vier Monaten bin ich nicht mehr bei Social Media. Meinen Account bei Instagram gibt es zwar noch, aber der Algorithmus hat ihn längst auf eine einsame Insel gespült und dort vergessen. Passiert ja nix mehr. Ich werde jedenfalls kein Rettungsteam losschicken und auch ansonsten reite ich die Welle nicht mehr mit. Ich bin raus und ach, gehts mir gut damit, Leute.

Bevor es gut werden konnte, musste es allerdings noch einmal schlecht werden. Heißt in meinem Fall: Ich hatte einen freien Tag. Ich hätte also alles tun können, was ich wollte. Alles über Dinosaurier lesen. Wolken fotografieren. Einen Himbeerbusch pflanzen. Die Steuererklärung machen. Aufräumen. Die Wand bonbonrosa und danach wieder weiß streichen.

Stattdessen tat ich, genau: nichts davon. Ich scrollte. Ich scrollte und scrollte und scrollte. Zwischendurch fragte ich mich, was ich da zur Hölle eigentlich tat. Und konnte trotzdem nicht aufhören. So verbrachte ich meinen letzten Urlaubstag und fühlte mich am Abend wie ein angelecktes Bonbon, das unter dem Bett auf dem ranzigen Teppich eines in die Jahre gekommenen Kongresshotels vergessen wurde. Klebrig. Fuselig. Eklig. Eins mit dem Boden.

Ich war wütend. Vor allem auf mich. Und ich war schockiert. Ich hatte natürlich schon früher Zeit bei Instagram verdödelt und mich danach gefragt, wo eigentlich die letzte halbe Stunde geblieben war. Aber das fühlte sich nach echter Sucht an. Nach stumpfem Weitermachen, ohne dass ich das wollte oder kontrollieren konnte. Rückblickend glaube ich, dass es diesen Bonbon-auf-Teppich-Moment geben musste, damit sich bei mir etwas in Gang setzte. Ich hatte in den Abgrund geblickt und oh boy, hatte der Abgrund zurückgeblickt.

Heute weiß ich, dass meine Wut fehlgeleitet war. Statt auf mich selbst und mein armseliges Bonbon-Gehirn hätte ich auf andere wütend sein sollen. Allen voran Mark Zuckerberg und sein Team an Attention Engineers, deren einzige Aufgabe darin besteht, Social-Media-Plattformen maximal süchtig zu gestalten. (Danke, Mark.) Das wusste ich damals aber noch nicht. Ich sah das Problem bei mir, attestierte mir eine bescheidene Selbstdisziplin und tat das, was ich als Philosophin eben so tue, wenn ich nicht mehr weiter weiß: Ich kaufte mir ein Buch. (How to Break Up With Your Phone von Catherine Price – große Empfehlung!) Und verstand nach und nach Folgendes:

  1. Instagram ist nicht daran gelegen, dass wir ein gutes, gelingendes Leben führen. Die Menschen dahinter sind nicht einmal daran interessiert, dass wir glücklich oder einfach nur entertained sind, wenn wir ihre App nutzen – ganz im Gegenteil.
  2. Instagram will, dass wir möglichst viel Zeit in der App verbringen. Und das schafft die App, indem sie uns in einem Zustand ständiger Anxiety hält. Es ist nicht einfach so, dass wir alle etwas gestresst durch den Job/ die Kinder/ das Leben im Allgemeinen sind und das Smartphone das (falsche) Mittel wäre, uns davon abzulenken. Es ist vielmehr so, dass die Nutzung des Smartphones Anxiety verursacht. Unser Gehirn verändert sich und das hat ganz viele Auswirkungen auf unser Gedächtnis, aber auch unsere mentale Gesundheit.
  3. Your life is what you pay attention to. (Catherine Price) Simpel, aber wahr: Unser Leben besteht letztlich aus nichts anderem als aus Momenten der Aufmerksamkeit. Anders gesagt: Es ist wirklich ganz und gar nicht egal, wo meine Aufmerksamkeit liegt, während ich durch mein Leben und die Blumenwiesen strolche.

 

Instagram-Stories jedenfalls nicht.
Instagram-Stories jedenfalls nicht.

Diese simplen Dinge zu begreifen war für mich der Moment, in dem ich wusste: Das war‘s. Ich lasse mir mein Hirn nicht von einer App zerstören, die kein Interesse an meinem Wohl hat und deren Währung meine Lebenszeit ist.

 

Trotzdem hatte ich zwischendurch daran gedacht, irgendwann möglicherweise doch zu Instagram zurückzukehren. Achtsamer mit der App zu sein, ein paar Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, ansonsten aber ihre Vorteile zu nutzen: Mich inspirieren zu lassen, mich auszutauschen mit anderen Kräutermenschen und Naturinteressierten, meine Veranstaltungen bewerben.

 

Dann kam der Amtsantritt von Donald Trump im Januar 2025 und mit ihm Mark Zuckerbergs Erklärung vom Ende der Faktenchecks bei den Meta-Plattformen Facebook und Instagram. Und ich wurde wütend. Aber dieses Mal nicht auf mich selbst. Sondern auf die richtigen. So lange sich Instagram so weiterentwickelt, wie es derzeit der Fall ist, werde ich der App auch weiterhin den Rücken kehren. Und meine Aufmerksamkeit darauf lenken, wo ich sie wirklich haben möchte.

Das bedeutet nicht, dass ich jeder oder jedem raten würde, die App zu löschen. Für viele, gerade Selbstständige, ist das auch überhaupt nicht praktikabel. Ich kann hier also nur meine persönliche Erfahrung wiedergeben. Ich habe einfach für mich beschlossen, dass mein Weg ein Weg ohne Instgram sein wird. Womöglich beschäftige ich mich irgendwann noch einmal mit anderen, ethischen Social-Media-Unternehmen und melde mich bei Mastodon an. Oder ich lege mich einfach unter meinen frisch gepflanzten Himbeerbusch und entdecke Stegosaurier in den bonbonrosa Wolken. Oder mache zumindest meine Steuererklärung. Wer weiß?

Wie sind eure Erfahrungen mit Instagram, Mastodon & Co? Und wie würdet ihr eure derzeitige Beziehung zu Social Media bezeichnen? Flitterwochen? Hassliebe? Einvernehmliche Trennung? Ich bin super gespannt auf eure Gedanken zu dem Thema. Schreibt mir doch gerne mal eine E-Mail oder kommentiert diesen Beitrag. Oder hey, vielleicht treffen wir uns auf einen Kaffee im echten Leben? Ich geb auch eine Runde Bonbons aus. Extra klebrig.

Damit ihr auch ohne Instagram keine Termine für Kräuterwanderungen in und um Hannover verpasst, könnt ihr hier meinen Newsletter abonnieren!

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